Philipp Scharwenkas Kammermusik in Neuausgaben wieder zugänglich zu machen, ist ein Gebot der Stunde. Zu lange schlummerte der kompositorische Nachlaß dieses großen, der absoluten Tonqualität und der melodischen Erfindung verpflichteten Romantikers in den Archiven. Als Scharwenka am 16. Juli 1917 in Bad Nauheim während eines Kuraufenthaltes starb, waren die Uhren der 3 europäischen Kaiserreiche Deutschland, Österreich und Rußland abgelaufen. Der Untergang dieser Epoche ließ auch ihre musikalischen Repräsentanten, zu denen Philipp Scharwenka, ebenso wie sein Bruder Xaver Scharwenka (1850-1924) gehörten, fast in Vergessenheit geraten. "Neues", Modernes um jeden Preis war angesagt, obwohl Ignatz Brill schon 1906 prophetisch ausgerufen hatte: "Vieles, was jetzt modern ist, wird bald modern." Spät greift diese Erkenntnis, aber mit der Wiederaneignung vieler einst zum Kulturerbe erhobenen Werke verkümmern die seriellen Tonverwerfungen der "Moderne" ihrerseits auf Dauer (nicht einmal) in den Archiven.
Philipp Scharwenka wurde am 16. Februar 1847 zu Samter (Posen) geboren. Als Sohn eines Baumeisters erhielt er, neben autodidaktischen Studien frühen Musikunterricht von seiner Mutter und dem Ortskantor. Nach der Posener Gymnasialzeit ging er an die Kullaksche Akademie in Berlin, zunächst lernend, ab 1868 lehrend. Nach 1874 trat er mit eigenen Kompositionen an die Öffentlichkeit. Ab 1881 leitete er am, im selben Jahr gegründeten Konservatorium seines Bruders Xaver den Theorieunterricht. 1891/92 weilte er in den USA. 1902 wurde er Professor, 1911 Senator der Berliner Akademie. - Seit 1988 betreut und fördert eine in Lübeck wirkende Xaver & Philipp Scharwenka-Gesellschaft verdienstvoll das Werk der Komponistenbrüder.
Das programmatisch gestaltete, lyrisch angehauchte und vorzüglich ausgearbeitete Klavierwerk Philipp Scharwenkas hat lange in Haus und Schule überdauert. Das Klavier ist es auch, das in der stark durch Polyphonie und erfinderischer Durchführung geprägten Kammermusik den Ton angibt. Hervorgehoben seien hier die Violinsonaten Op. 110 und op. 114, die vorliegende Sonate op. 106 in g-moll für Viola und Klavier, eine Violoncello-Sonate op 116; drei hochbedeutende Klaviertrios und das Klavierquintett in h-moll, op. 118. Eine geradezu attitüdenhafte Nonchalance begegnet und hingegen in den Großformen der symphotischen Dichtungen, seiner Symphonien und in den Chorwerken. Hier setzt der Lyrismus der Monumentalität enge Grenzen - oder verinnerlicht selbige.
Wieder ins Repertoire gehören Philipp Scharwenkas zwei Streichquartette (bei Amadeus wieder zu haben); Op. 117 in d-moll erschien erstmals 1910 bei Breitkopf &Härtel; Op 120 in d-dur kam 1912 bei Simrock in Berlin heraus. In beiden Werken tritt Scharwenkas "Eigenart am makellosesten ans Licht". Angereichert sind die "konservativen" Tongemälde der technisch gut zu bewältigenden Sätze mit einer Fülle streicherischer Leckerbissen. Gleiches gilt für unsere Violasonate, die wir nach dem fabelhaften Erstdruck von 1899, betitelt "Philipp Scharwenka / Sonate / für Viola / mit Begleitung des Pianoforte, / Op. 106, /Breitkopf & Härtel, / Leipzig (Pl.-Nr. 223741)" hier erneut, von wenigen Notationsfehlern bereinigt, unverändert auflegen.
Bernhard Päuler, Amadeus Verlag Winterthur / Schweiz (BP 671, 1977)
1890 ca.
Brb. mit Bruder
(C. Bratsch,Berlin)
1890 ca.
Foto sitzend
(Johannes Hülsen,
Berlin)
1898
Foto Brb.
(unbekannt)
1898
Brb. aus
Oscar Bie,
Das Klavier u.
seine Meister
1900
Foto Brb.
(Ernst Küssner)
1903
Foto Brb.
(Paul Gericke)
1903
Postkarte m.
Foto v. P. Gericke
u. Autogramm
1905
Foto Porträt
(unbekannt)
1906
Druckgraphik
Brb./Noten/Sign.
(J.Spiro Berlin /
Archiv Kramberg)
1908
Foto Gemälde
v. Faltermeyer
(Scharwenka
Stiftung)
1908
Postkarte,
Foto:
Hans Dursthoff
1914
Foto Brb.
(Karl Kleitsch)
1914
Postkarte
m. Foto
v. K. Kleitsch
1915
Ausschnitt
aus einem
Brb.-Foto
(Fam. Archiv)
1916
Foto Brb.
(C. Brasch, Berlin /
Archiv Kramberg)
1847 | am 16. Februar geboren in Samter/Szamotuly bei Posen/Poznan Vater: August Wilhelm (1811-1879) Baumeister Mutter: Apollonia Emilie geb. Golisch , gest. 1893 |
1858 | Umzug der Familie nach Posen/Poznan Besuch des deutschen "Wilhelms- Gymnasium" |
1865 | Umzug der Familie nach Berlin Studium in Berlin in der Neuen Akademie der Tonkunst von Theodor Kullak, Lehrer: Richard Wüerst und Heinrich Dorn. |
1868 | Lehrer an der Neuen Akademie der Tonkunst in Berlin Erste eigene Kompositionen. |
1874 | Erstes öffentliches Auftreten mit eigenen Kompositionen, darunter einer Overtüre und einer Symphonie. |
1880 | Heirat mit Marianne Stresow (25.2.1856 - 23.10.1918) Söhne Walter und Franz, Tochter Marlene |
1881 | Leitung des Theorie- und Kompositionsunterrichts am Klindworth-Scharwenka-Konservatorium Berlin. |
1891 | Fahrt nach New York zu seinem Bruder Xaver und Lehrtätigkeit am dortigen Scharwenka Conservatory of Musik Fifth Avenue Nr.81. |
1892 | Rückkehr nach Berlin und erneute Übernahme von Leitungs- und Lehraufgaben im Klindworth- Scharwenka- Konservatorium Berlin. Verstärktes kompositorisches Schaffen. |
1898 | Max Reger widmet seine Phantasiestücke Op.26 Philipp Scharwenka |
1901 | Berufung als Mitglied der Preußischen Akademie der Künste Berlin |
1905 | Ernennung als Professor |
1911 | Berufung als Senator der königlichen Akademie der Künste Berlin |
1917 | am 16.Juli gestorben und begraben in Bad Nauheim |
Philipp hinterlässt ein grosses kompositorisches Schaffen: 3 Symphonien, Symphonische Dichtungen, ein Volinkonzert, einige Chorwerke, die Oper Roland, sowie Sonaten, Quartette, Capricen und Tänze. |
![]() |
Einzelgeldspende |
![]() |
Spenden-Abonnement |
![]() |
Stuhlpatenspende |